Umfrage: Verbraucher wenden sich von Amazon ab

Berlin, 8. Oktober 2019. Amazon steht in der Kritik. Seit Monaten kritisieren Verbraucherschützer, Gewerkschaften und Verbände – neben gefälschten Bewertungen, schlechten Arbeitsbedingungen, neonazistischen T-Shirts, Plagiaten und dem Umstand, dass Amazon bei Retouren Millionen neuwertige Produkte vernichtet hat – vor allem eines: Amazons Marktmacht. Wettbewerbshüter sind alarmiert: Im Juli verhängte Frankreich bereits eine Digitalsteuer gegen ausländische Konzerne. Und neben der US-Handelsaufsicht FTC ermitteln auch die EU-Wettbewerbshüter und das Bundeskartellamt. Nun zeigt eine Studie: Auch die Mehrheit der Deutschen fordert ein Eingreifen der Politik. Und nicht wenige Verbraucher wenden sich von Amazon ab.

 

43,7 Prozent der Deutschen finden Amazons Marktmacht bedenklich. 87,4 Prozent von ihnenkaufen deshalb bewusst weniger bei Amazon ein. Und 67,9 Prozent der Deutschen würden die Einführung einer Digitalsteuer nach französischem Vorbild gutheißen. Dies ist das – für Amazon negative – Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die Statista Mitte September im Auftrag des Verbraucherforums mydealz.de unter 1.000 Konsumenten durchgeführt hat. Konsumenten befürchten vor allem, dass andere Händler unter Amazons Marktmacht leiden und Amazon die Preise freibestimmen kann.

 

Vor allem 16- bis 24-jährige sehen Amazons Marktmacht kritisch

 

Verbraucher meinen es scheinbar gut mit Amazon: Nur 43,7 Prozent von ihnen finden Amazons Marktmacht bedenklich. Rund jeder Sechste (15,4 Prozent) hatte sich – zum Zeitpunkt der Umfrage Mitte September – noch keine Meinung gebildet. Und vier von zehn Befragten (40,9 Prozent) antworteten mit einem klaren „Nein“ auf die Frage, ob sie Amazons Marktmacht problematisch fänden.Für Amazon ist dieses Stimmungsbild auf den ersten Blick positiv. Zwei Aspekte dürften Amazon aber bedenklich stimmen. Erstens finden es vor allem junge Verbraucher kritisch, dass Amazon so viele Marktanteile auf sich vereint. Zweitens überwiegt der Anteil der Verbraucher, die Amazons Marktmacht nicht problematisch finden, nur in einer einzigen Altersgruppe: 45,8 Prozent der Verbraucher im Alter von 35 bis 44 Jahren finden Amazons hohen Marktanteil unbedenklich und nur 42,3 Prozent bedenklich.

 

In allen anderen Altersgruppen sind die Kritiker in der Mehrzahl. Am stärksten ist der Argwohn bei Verbrauchern im Alter von 16 bis 24 Jahren ausgeprägt. 46,2 Prozent von ihnen finden Amazons Marktmacht bedenklich und nur 39,3 Prozent unbedenklich. Und auch unter den 25 bis 34-jährigen finden sich mehr Bedenkenträger (44,4 Prozent) als Verbraucher, die die Situation im Online-Handel nicht problematisch finden (41,7 Prozent). Ähnlich deutlich fällt das Stimmungsbild sonst nur bei älteren Verbrauchern aus. 43,8 Prozent der Konsumenten im Alter von 55 bis 64 Jahren sehen die Konzentration im Online-Handel kritisch, 40,0 Prozent finden sie nicht problematisch. Und von den über 65-jährigen sprechen sich 45,2 Prozent klar gegen Amazons starke Marktposition aus während sie „nur“ 39,8 Prozent nicht als problematisch empfinden.

 

Verbraucher befürchten, dass Amazon seine Marktmacht missbraucht

 

Fragt man Verbraucher nach den Gründen für ihre Skepsis, bekommt man vor allem eine Antwort: Sieben von zehn Deutschen, die die Marktsituation im deutschen Onlinehandel problematisch finden, fürchten, dass Amazon seine starke Position missbraucht: 70,7 Prozent haben Bedenken, dass andere Online-Händler unter Amazons Marktmacht leiden. 68,2 Prozent fürchten für sich selber Nachteile und denken, Amazon könne „die Preise so hoch ansetzen wie sie wollen“, wenn der Wettbewerb fehlt. Und 68,0 Prozent – Mehrfachantworten waren bei dieser Frage möglich – gaben bei der Umfrage zu bedenken, ein (zu) starkes Amazon könne Zulieferern die Preise diktieren.

 

Daran, dass Amazon in Deutschland kaum oder keine Steuern zahlt, stören sich 64,5 Prozent der Verbraucher, die Amazons Marktmacht problematisch finden. 62,5 Prozent von ihnen beanstanden, dass Amazon „kein besonders ethischer Arbeitgeber“ sei. Und rund jeder Zweite fürchtet scheinbar, dass auch er beim Einkaufen bald Abstriche machen muss. Als Grund, weshalb sie Amazons Marktmacht bedenklich finden, antworteten jedenfalls 48,1 Prozent der von Statista für mydealz Befragten: „Als Verbraucher habe ich weniger Auswahl und Möglichkeiten, wenn Händler sterben“. 

 

Wie subjektiv Verbraucher empfinden, wird auch deutlich, wenn man sich ansieht, wieso 40,9 Prozent der Konsumenten Amazons Marktposition nicht als problematisch empfinden. 69,2 Prozent von ihnen erklärten, für sie persönlich ergäben sich keine Nachteile. Sechs von zehn Verbrauchern (60,6 Prozent) – auch hier waren Mehrfachantworten möglich – sehen es pragmatisch und denken, Amazon könne nur dank seiner Größe so ein „gutes Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten“. Und rund jeder Zweite (49,4 Prozent) meint durchaus anerkennend: „Der hohe Marktanteil zeigt nur, wie gut Amazon im Vergleich zur Konkurrenz ist“. Jedem vierten Verbraucher (23,7 Prozent) ist hingegen einfach nicht klar, „weshalb Amazons Marktposition schlecht für andere Händler sein sollte“. 

 

Viele Verbraucher haben ihr Einkaufsverhalten angepasst

 

Wie sehr sich Amazons Dominanz auch ganz konkret auf das Konsumverhalten auswirkt, zeigt ein anderer Teil der Umfrage. Neun von zehn Verbrauchern (87,4 Prozent), die Amazons Marktmacht als problematisch empfinden, haben ihr Einkaufsverhalten bereits entsprechend angepasst. Am stärksten profitiert der klassische Einzelhandel von diesem Trend: Jeder dritte Verbraucher (33,9 Prozent) kauft als Reaktion auf Amazons Dominanz „prinzipiell so viel wie möglich im klassischen Handel“ und „nur“ jeder Sechste (14,9 Prozent) kauft „prinzipiell so viel wie möglich bei anderen Online-Händlern“.

 

Nicht alle Verbraucher sind aber so konsequent, dass sie einen möglichst weiten Bogen um Amazon machen. Viele Konsumenten, die Amazons Marktposition bedenklich finden, kaufen nur immer dann bei anderen Händlern ein, wenn sie diese als – zumindest annähernd – gleichwertige Alternative wahrnehmen. Der Preis ist für sie dabei entscheidender als das Angebot und die Lieferzeit. Jeder Fünfte (19,9 Prozent) kauft immer dann bei anderen Händlern ein, wenn der Preis ähnlich günstig ist wie bei Amazon. 14,4 Prozent geben anderen Händlern den Vorrang, wenn sie das gesuchte Produkt vorrätig haben. Und 4,4 Prozent kaufen immer dann bei anderen Händlern ein, wenn sie „ähnlich schnell liefern können“.

 

Je älter Verbraucher sind desto konsequenter wenden sie sich von Amazon ab: Neun von zehn Deutschen im Alter über 65 Jahren (90,7 Prozent), die Amazons starke Marktposition bedenklich finden, lassen sich hiervon in ihrem Einkaufsverhalten beeinflussen. 43,5 Prozent von ihnen kaufen so viel wie möglich im klassischen Handel ein und 14,8 Prozent so viel wie möglich bei anderen Online-Händlern. Auf der anderen Seite bewegen sich ganz junge Konsumenten. Von den 16 bis 24-jährigen, die Amazons Marktmacht kritisch sehen, lassen sich „nur“ 77,8 Prozent in ihrem Einkaufsverhalten beeinflussen. Verblüffend ist, dass nur 3,7 Prozent von ihnen so viel wie möglich bei anderen Online-Shops einkaufen, jeder Dritte (29,6 Prozent) aber so viel möglich im klassischen Handel kauft. Amazon könnte für viele Verbraucher aus dieser Generation zum alternativlosen Synonym für den Online-Handel geworden sein. 

 

Sieben von zehn Verbrauchern befürworten die Einführung einer Digitalsteuer

 

Nur zur Erinnerung: 43,7 Prozent der Verbraucher finden Amazons Marktmacht problematisch und 64,5 Prozent von ihnen kritisieren, dass Amazon in Deutschland keine Steuern bezahle. Entsprechend eindeutig gestaltet sich auch das Stimmungsbild zu einer Frage, die Politik und Wirtschaft zurzeit kontrovers diskutieren: 67,9 Prozent der Deutschen befürworten die Einführung einer Digitalsteuer für ausländische Internetkonzerne nach französischem Vorbild und denken, dass diese zu einem faireren Wettbewerb beitragen könnte.

 

Während sich die Bundesregierung noch schwer tut, eine Steuer auf Umsätze zu erheben, die ausländische Konzerne in Deutschland erzielen, sind sich Verbraucher in ihrem Urteil damit weitgehend einig. Nur 13,4 Prozent stehen einer Digitalsteuer wirklich ablehnend gegenüber. Und 18,7 Prozent hatten sich wenigstens zum Zeitpunkt der Umfrage Mitte September noch kein Urteil gebildet.

 

Die größten Befürworter einer Digitalsteuer finden sich dabei unter den 55 bis 64-jährigen. 74,4 Prozent von ihnen befürworten, der mydealz-Umfrage zufolge, die Einführung der Steuer. Ähnlich überzeugt sind Verbraucher im Alter über 65 Jahren. 72,4 Prozent von ihnen denken, der Wettbewerb werde fairer, wenn ausländische Digitalkonzerne ihre in Deutschland erzielten Umsätze hierzulande versteuern müssten. Am wenigsten Zustimmung findet diese Idee indes bei Verbrauchern im Alter von 35 bis 44 Jahren und 16 bis 24 Jahren. 62,0 Prozent beziehungsweise 64,1 Prozent von ihnen lehnen eine Digitalsteuer ab.

 

Nur jeder dritte Deutsche vertraut Bewertungen bei Amazon

 

Kritik musste Amazon in den letzten Monaten auch von Verbraucherschützern einstecken. Die britische Verbraucherschutzorganisation Which? deckte beispielsweise im April auf, dass 87 Prozent der Bewertungen bei Amazon nicht glaubwürdig seien. Und obwohl Amazon gekauften Bewertungen inzwischen öffentlichkeitswirksam den Kampf angesagt hat, sitzt das Misstrauen bei vielen Verbrauchern tief. Nur jeder Dritte (34,5 Prozent) vertraut den bei Amazon abrufbaren Kundenstimmen; 65,5 Prozent halten sie indes für nicht vertrauenswürdig.

 

Etwas positiver fällt das Bild für Amazon nur aus, wenn man sich ansieht, wie viele Verbraucher sich an Kundenbewertungen orientieren. Hier gibt es drei Gruppen: Die kleinste, für Amazon aber vermutlich wertvollste Gruppe ist die der Verbraucher, zu deren Kaufentscheidung Kundenbewertungen „wesentlich“ beitragen. 7,8 Prozent der Verbraucher lassen sich ihr zuordnen. 26,7 Prozent der Verbraucher erklärten bei der mydealz-Umfrage, Kundenbewertungen seien für sie „einer der Faktoren, von denen ich meine Kaufentscheidung abhängig mache“. Und weitere 42,3 Prozent der Verbraucher vertrauen Kundenbewertungen zwar nicht, lesen sie aber immerhin, um einen „ersten Eindruck“ zu erhalten.

 

Rund jeder Vierte (23,2 Prozent) zieht keinen Mehrwert aus den bei Amazon veröffentlichten Kundenstimmen – und dies aus verschiedenen Gründen: Jeder Achte (12,2 Prozent) vertraut „generell keinen Bewertungen im Internet“. 6,0 Prozent der Deutschen vertrauen nur Bewertungen auf Amazon nicht und jeder Zwanzigste (5,0 Prozent) hat durch die Skandale der letzten Zeit das Vertrauen in die von Amazon bereitgehaltenen Kundenstimmen verloren. Besonders desillusionierend müssen sie auf Verbraucher im Alter von 25 bis 34 Jahren gewirkt haben. Von ihnen erklärte jeder Zehnte (9,3 Prozent): „Ich habe Bewertungen auf Amazon früher vertraut, aber vertraue ihnen nun nicht mehr“. 

 

Verbraucher im Alter von 16 bis 24 Jahren orientieren sich hingegen besonders stark an den bei Amazon veröffentlichten Bewertungen. Jeder Achte (12,8 Prozent) von ihnen erklärte, sie trügen wesentlich zu seiner Kaufentscheidung bei. Einen ähnlich starken Einfluss haben die Kundenstimmen sonst nur auf die 25- bis 34-jährigen und 35- bis 44-jährigen. Von ihnen lassen sich jeweils 11,3 Prozent wesentlich in ihrer Kaufentscheidung beeinflussen. Für ältere Verbraucher im Alter von 55 bis 64 Jahren und über 65 Jahren sind die bei Amazon veröffentlichen Kundenstimmen hingegen nicht sonderlich relevant. Gerade einmal 5,0 Prozent beziehungsweise 3,8 Prozent von ihnen erklärten bei der Umfrage, bei Amazon veröffentlichte Bewertungen trügen wesentlich zu ihrer Kaufentscheidung bei. 

 

 

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Hinweis zur Methodik

 

Die obenstehenden Aussagen basieren auf einer repräsentativen Umfrage, die das Marktforschungsunternehmen Statista im Auftrag des Verbraucherforums mydealz.de im September 2019 durchgeführt hat. 1.000 Verbraucher haben hierbei folgende Fragen beantwortet: „Amazon hat in Deutschland einen Marktanteil von 45,8 Prozent, wie das Kölner Institut für Handelsforschung berechnet hat. Finden Sie Amazons Marktmacht bedenklich?“, „Sie haben angegeben, dass Sie Amazons Marktmacht bedenklich finden. Welche der folgenden Aussagen ist ein Grund für Ihre Bedenken (Mehrfachantworten möglich)?“, „Bitte teilen Sie uns mit, inwiefern Sie die Marktmacht von Amazon in Ihrem Einkaufsverhalten beeinflusst: Welche der folgenden Aussagen trifft am stärksten auf Sie zu?“, „Sie haben angegeben, dass Sie Amazons Marktmacht nicht bedenklich finden. Bitte wählen Sie alle Aussagen aus, die Ihrer Meinung nach zutreffen (Mehrfachantworten möglich)?“ sowie „In Frankreich müssen Konzerne wie Amazon, Apple, Facebook und Google zukünftig eine extra Digitalsteuer auf ihre Einnahmen zahlen. Denken Sie, Deutschland sollte auch eine solche Steuer für ausländische Internetkonzerne einführen?“ und „Vertrauen Sie Bewertungen auf Amazon?“. Gearbeitet wurde mit einer repräsentativen Bevölkerungsstichprobe, die mittels fester Quoten bezüglich des Geschlechts, Alters und der Region gebildet wurde.

 

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Rohdaten

Die Rohdaten zu den oben genannten Umfragen finden Sie hier: https://mdz.me/amzumfrage

 

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Über mydealz

 

mydealz wurde im April 2007 von Fabian Spielberger als Blog gegründet und ist heute mit 50,9 Millionen Kontakten pro Monat die größte Social-Shopping-Plattform. 6,7 Millionen Konsumenten (Unique User) nutzen mydealz jeden Monat, um Angebote einzustellen, zu diskutieren und zu bewerten und so Produkte zu den besten Konditionen am Markt zu finden. Seit 2014 ist mydealz Teil der Pepper.com-Gruppe, die als weltweit größte Shopping-Community neben Deutschland auch in Brasilien, Frankreich, Großbritannien, Indien, Mexiko, den Niederlanden, Österreich, Polen, Russland und Spanien betreibt. Monatliche nutzen 25 Millionen Verbraucher die zwölf Pepper-Plattformen, um sich über aktuelle Angebote auszutauschen und 12.000 Kaufentscheidungen pro Minute zu treffen. 

 

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Eine kurze Bitte zum Schluss 

 

Wir freuen uns immer sehr, wenn die von uns geteilten Informationen auch für Sie relevant sind, möchten Sie jedoch höflich bitten, auf die richtige Schreibweise unseres Namens zu achten. Schreibweisen wie „myDealz“ oder „MyDealz“ sind veraltet. Wir selber schreiben unseren Namen seit mehreren Monaten komplett in Kleinbuchstaben: „mydealz“. Vielen Dank für Ihr Verständnis.

 

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