Steigende Notebook-Preise erschweren Chancengleichheit beim Home-Schooling

Berlin, 21. August 2020. Deutschland hat ein Bildungsproblem – und das verstärkt sich durch die Corona-Pandemie. Vor allem ein zweiter Lockdown wäre fatal. Zu diesem Urteil gelangt das Verbraucherforum mydealz. Die Shopping-Experten haben analysiert, wie sich die Preise für Notebooks in unterschiedlichen Preisklassen seit August 2019 entwickelt haben. Das Ergebnis zeigt: Teurere Modelle sind nun günstiger als noch im Vorjahr. Gestiegen sind aber die Preise für preiswerte Einsteigermodelle. Finanzschwachen Familien fällt es so schwerer, ihre Kinder mit dem nötigen technischen Equipment fürs Home-Schooling auszustatten. 

 

Die Aufregung kam spät, aber sie kam. Am 29. Juli teilte das Statistische Bundesamt gewohnt prosaisch mit: „Home-Schooling: Digitale Ausstattung in Familien hängt stark vom Einkommen ab“. Seitdem liefern sich Länder und Kommunen ein Wettrennen darum, wer die meisten Notebooks für Schüler in möglichst kurzer Zeit organisiert. Scheinbar unerwartet enden die Schulferien in allen 16 Bundesländern außer Bayern und Baden-Württemberg nämlich noch im August, wenn die Schule wie in Berlin, Brandenburg, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, und Schleswig-Holstein nicht schon längst wieder begonnen hat.

Wie dringend der Handlungsbedarf ist, zeigt ein Blick auf die Studie des Statistischen Bundesamts. Zwar verfügen 87,8 Prozent der 5,9 Millionen Familien mit schulpflichtigen Kindern über wenigstens ein Notebook. Wie gut Familien im Fall eines möglichen zweiten Lockdowns fürs Home-Schooling vorbereitet sind, hängt jedoch stark vom Einkommen ab. Knapp jeder fünfte Haushalt (19,1 Prozent) mit einem monatlichen Nettoeinkommen unter 2.000 Euro und jeder siebte Haushalt (14,4 Prozent) mit einem Einkommen zwischen 2.000 und 2.600 Euro besitzt kein Notebook. Familien mit einem Haushaltsnettoeinkommen von 3.600 bis 5.000 Euro und über 5.000 Euro sind deutlich besser ausgestattet: 91,7 Prozent beziehungsweise sogar 92,9 Prozent von ihnen verfügen wenigstens über ein Notebook.

 

Die Preise für günstige Einsteiger-Notebooks sind um 18,6 Prozent gestiegen

 

Umso fataler wirkt der Blick darauf, wie sich die Preise für Notebooks aus unterschiedlichen Preisklassen in den letzten zwölf Monaten entwickelt haben. Günstige Einsteigermodelle mit einem Preis von weniger als 500 Euro sind nun 18,55 Prozent (60,65 Euro) teurer als noch im August 2019. Das zeigt eine Studie, für die das Verbraucherforum mydealz untersucht hat, wie sich die Online-Preise von 500 Notebooks entwickelt haben. Ihr zufolge sind seit August 2019 auch die Preise für Notebooks der Preisklasse von 500 bis 1.000 Euro – trotz der zum 1. Juli gesenkten Mehrwertsteuer – um 1,9 Prozent (14,19 Euro) gestiegen. Einkommensschwache Familien haben es aktuell also schwerer als noch vor einem Jahr, ihre Kinder mit Notebooks auszustatten, die angesichts eines zumindest lokal drohenden zweiten Lockdowns wichtiger denn je für ihre Bildung sind.

 

Einkommensstärkere Familien sind im Vorteil: Notebooks der mittleren Preisklassen sind nun preiswerter als noch im August 2019. Im direkten Vergleich sind die Anschaffungskosten für Notebooks der Preisklasse von 1.000 bis 1.500 Euro um 8,14 Prozent (104,88 Euro) gefallen während Notebooks der Preisklasse von 1.500 bis 2.000 Euro um 6,58 Prozent (115,10 Euro) günstiger geworden sind. Leicht gestiegen sind einzig die Preise für Notebooks des Premium-Segments, also ab 2.000 Euro aufwärts. Sie sind nun 0,57 Prozent (15,82 Euro) teurer als noch im August 2019.

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Notebooks erreichten im April ihre Höchstpreise

 

Warum genau sich die Preise für Notebooks verschiedener Preisklassen so unterschiedlich entwickeln, lässt sich nur vermuten. Ein Grund dürfte die steigende Nachfrage bei gleichzeitig sinkendem Angebot sein. Normalerweise sind Notebooks technisch schnell überholt und auch ihr Preis sinkt mit zunehmendem Alter. Sondereffekte wie der Lockdown führten in diesem Frühjahr jedoch zu einer erhöhten Nachfrage während die Corona-Pandemie die Produktion vieler Hersteller beeinträchtigte. Notebooks werden wie nahezu alle technischen Geräte nämlich größtenteils in den Niedriglohnländern Asiens hergestellt, die früh von der Corona-Pandemie betroffen gewesen sind.

 

Nicht zufällig waren Notebooks aus fast allen Preisklassen in diesem Frühjahr teurer als zu jedem anderen Zeitpunkt der letzten zwölf Monate. Einsteigermodelle der untersten Preisklasse kosteten im April beispielsweise durchschnittlich 390,73 Euro. Im Juni waren es 395,78 Euro – 21,06 Prozent (68,86 Euro) mehr als noch im August 2019 und auch 2,12 Prozent (8,22 Euro) mehr als aktuell. Auch Notebooks der Preisklassen von 500 bis 1.000 Euro und von 1.000 bis 1.500 Euro erreichten im April ihren Höchstpreis von 803,38 Euro beziehungsweise 1.281,32 Euro. Bereits zwei Monate früher, nämlich schon im Februar schnellten die Preise für Notebooks der Premiumklasse nach oben. Sie kosteten im Februar durchschnittlich 2.939,55 Euro. Ihr Preis sank seitdem über 2.911,40 Euro im April und 2.877,25 Euro im Juni auf aktuell 2.779,04 Euro. 

 

Eine Ausnahme bildeten lediglich Notebooks der Preisklasse von 1.500 bis 2.000 Euro. Sie erreichten ihren Höchstpreis von durchschnittlich 1780,59 Euro nicht im Frühjahr, sondern bereits im Dezember 2019, also mitten im Weihnachtsgeschäft. Einzig ihr Durchschnittspreis im April reichte noch ansatzweise an diese Marke heran: Inmitten des Lockdowns kosteten Notebooks der Preisklasse von 1.500 bis 2.000 Euro durchschnittlich 1.744,54 Euro – 2,02 Prozent (36,05 Euro) weniger also als kurz vor Weihnachten letzten Jahres und 6,70 Prozent (109,52 Euro) mehr als momentan.

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Lieferzeiten von bis zu 38 Werktagen

 

Der Blick auf die Zahlen lässt erkennen, wie stark sich pandemiebedingte Sondereffekte wie ein Lockdown und die von ihm bedingte größere Nachfrage sowie lokale Erschwernisse bei der Produktion auf die Preise für Notebooks auswirken. Dass die Preise seit dem Ende des ersten Lockdowns wieder leicht gesunken sind, zeigt, dass Angebot und Nachfrage sich allmählich wieder einem ausgewogenen Verhältnis annähern. Dieses Gleichgewicht ist allerdings äußerst fragil. 

 

Durch das Ende der Schulferien steigt die Nachfrage nach Notebooks zurzeit wieder und dürfte durch Schulschließungen und regionale Lockdowns weiter verstärkt werden. Zudem haben viele Hersteller aktuell mit Lieferschwierigkeiten zu kämpfen. Das verrät ein Blick in die Online-Shops der sechs größten Hersteller Acer, Apple, Asus, Dell, HP und Lenovo, die laut Statista gemeinsam einen globalen Marktanteil von 85,7 Prozent haben: Einzig Acer und HP scheinen momentan keine Lieferschwierigkeiten zu haben. Kaufen Verbraucher bei ihnen ein Notebook, halten sie das Gerät zwei, drei Werktage später bereits in den Händen. 

 

Je nach Modell variieren die Lieferzeiten bei den anderen Herstellern hingegen deutlich. Auch Apple, Asus, Dell, HP und Lenovo haben noch viele Notebooks vorrätig und können sie innerhalb von ein bis drei Werktagen liefern. Bei manchen Modellen müssen sich Verbraucher hingegen in Geduld üben, wie die folgenden Beispiele zeigen: Dell gibt an, das Notebook „Inspiron 15 5000“ erst 36 bis 38 Werktage nach dem Kauf liefern zu können. Apple benötigt 16 bis 23 Werktage für die Zustellung eines 13 Zoll großen Macbook Pro. Lenovo spricht von „1 bis 2 Wochen“ Lieferzeit für das Ideapad Duet Chromebook (Wifi) mit 128 GB Massespeicher und Asus kann zwar alle vorrätigen Notebooks in ein bis drei Werktagen liefern. 16 der 45 im Online-Shop gelisteten Asus-Notebooks sind aber bereits vergriffen.

 

Ob Schüler am Home-Schooling teilnehmen können, hängt so nicht nur vom Einkommen ihrer Eltern ab, sondern auch vom Lagerbestand der Hersteller. Auf Notebooks hat ein Run eingesetzt, der die Preise nach oben treibt und schon jetzt vielerorts für leere Regale sorgt.

 

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Hinweis zur Methodik

 Für die obenstehende Analyse hat mydealz die Preise für 500 Notebooks der fünf Preisklassen „Weniger als 500 Euro“, „500 bis 1.000 Euro“, „1.000 bis 1.500 Euro“, „1.500 bis 2.000 Euro“ und „Mehr als 2.000 Euro“ über einen Zeitraum von zwölf Monaten am 19. August 2019, 19. Oktober 2019, 19. Dezember 2019, 19. Februar 2020, 19. April 2020, 19. Juni 2020 und zuletzt am 19. August 2020 mithilfe verschiedener Preissuchmaschinen erhoben und miteinander verglichen. Berücksichtigt wurden 500 verschiedene Modelle von 42 verschiedenen Herstellern wie Acer, Alienware, Apple, Asus, Dell, Dynabook, Fujitsu, Gigabyte, HP, Huawei, Lenovo, Medion, Microsoft, MSI, Nexoc, Panasonic, Razer, Schenker, Trekstor und Wortmann. Die Analyse verfolgte das Ziel, den Einfluss der Corona-Pandemie auf die Preise für Notebooks nachzuvollziehen. Ein Datenblatt mit den Rohdaten finden Sie über diesen Link.

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Über mydealz

mydealz (https://www.mydealz.de) wurde im Jahr 2007 von Fabian Spielberger als Blog gegründet und ist heute mit 50,9 Millionen Kontakten pro Monat die größte Social-Shopping-Plattform. 6,7 Millionen Konsumenten (Unique User) nutzen mydealz jeden Monat, um Angebote einzustellen, zu diskutieren und zu bewerten und so Produkte zu den besten Konditionen am Markt zu finden. Seit 2014 ist mydealz Teil der Pepper.com-Gruppe, die als weltweit größte Shopping-Community neben Deutschland auch in Brasilien, Frankreich, Großbritannien, Indien, Italien, Mexiko, den Niederlanden, Österreich, Polen, Russland und Spanien betreibt. Monatlich nutzen 25 Millionen Verbraucher die zwölf Pepper-Plattformen, um sich über aktuelle Angebote auszutauschen und 12.000 Kaufentscheidungen pro Minute zu treffen. 

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